Antihaftbeschichtung schützt Schiffe vor Muschelbewuchs
Seit es die Schifffahrt gibt, gehören sie zu den ungebetenen Passagieren: Muscheln, vor allem Miesmuscheln, die sich an den Schiffsrümpfen festsetzen. Das ist in vielerlei Hinsicht schlecht für die Umwelt:
Die schwere zusätzliche Last treibt den Treibstoffverbrauch eines Schiffes in die Höhe. Außerdem können fremde Arten in andere Lebensräume einwandern und dort das ökologische Gleichgewicht stören. Nach einer naturverträglichen Lösung wird seit Jahren gesucht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind ihr jetzt einen Schritt näher gekommen: Sie stellten eine umweltfreundliche Beschichtung her, die die Muscheln ganz einfach abrutschen lässt.
„Uns hat die fleischfressende Kannenpflanze inspiriert. Ist die Oberfläche der Pflanzen im trockenen Zustand nicht rutschig, bindet sie nach einem Regenguss Regenwasser – und wird so ausgesprochen rutschig“, erklärt Nicolas Vogel von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). „Diesen Effekt haben wir auf synthetische Materialien übertragen.“ Vogel und Kollegen entwickelten eine auf Silikonöl basierende Flüssigkeit, die auf eine Oberfläche aufgetragen wird und dort einen geschlossenen Film bildet. Dieser verhindert den direkten Kontakt zur festen Oberfläche und ermöglicht die abweisende Wirkung.
Vogel, der Professor am Lehrstuhl für Feststoff- und Grenzflächenverfahrenstechnik an der FAU ist, beschreibt die Reaktion der Tiere auf die Substanz: „Unmittelbar nachdem der Muschelfuß in Kontakt mit der Oberfläche kam, schnellte er wieder zurück in die schützende Schale. Es wirkte fast, als hätte die Muschel auf eine heiße Herdplatte gefasst.“ Im Feldexperiment bestätigte sich die positive Wirkung. Nun wollen die Experten untersuchen, wie ihre Substanz am besten großflächig auf Schiffe aufgebracht werden kann.
Der Erfolg, der kürzlich im Fachblatt „Science“ veröffentlicht wurde, ist übrigens einer Wette zu verdanken. Ali Miserez, Experte für biologische Materialien von der Nanyang Technological University in Singapur, äußerte Zweifel an Vogels Hypothesen, die dieser in einem Vortrag in Harvard geäußert hatte. Daraus entwickelte sich das internationale Forschungsprojekt. Alle bisherigen Methoden, das „Biofouling“ genannte Phänomen des Muschelbewuchses zu verhindern, basieren entweder auf giftigen Chemikalien, die auch andere Lebewesen töten, oder sind nicht nachhaltig.
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Research publication Amini S. et al: Preventing mussel adhesion using lubricant-infused materials, 2017, Science, Vol 357. DOI:10.1126/science.aai8977. Link