Mikroplastik auf dem Weg vom Fluss ins Meer

Weltweit belastet Plastikmüll Meere, Flüsse und Seen. Die Grenzen der ökologischen Selbstreinigung sind längst überschritten. Plastikmüll kommt in allen Meeresregionen vor, selbst das arktische Meereis ist betroffen. Biologen und Ökologen untersuchen, welche Auswirkungen Mikroplastik auf Mensch und Tier hat.

Es vergehen Jahrhunderte bis Plastikpartikel vollständig zersetzt sind. Von Wellen und UV-Strahlung wird Plastik immer weiter zerkleinert, bis es mit bloßem Auge kaum noch zu erkennen ist. Sind die Plastikpartikel irgendwann kleiner als fünf Millimeter, werden sie als Mikroplastik bezeichnet. Sie sind so klein, dass sie von Flusskrebsen oder Meeresasseln gefressen werden. Vögel und Meerestiere nehmen das Mikroplastik mit der Nahrung auf. So gelangt es schließlich in die Nahrungskette.

Bisher konnten kleinste Plastikteilchen in 172 Tierarten nachgewiesen werden, auch in Arten, die der Mensch zu sich nimmt – wie Heringe, Langusten oder Kaisergranat. Welche Auswirkungen Mikroplastik auf Mensch und Tier hat, ist bisher nicht bekannt.

Der Meeresbiologe Gunnar Gerdts vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) forscht dazu auf Helgoland. Er sagt: "Wir benötigen belastbare Daten, die ein klares Bild von der Akkumulation der Plastikteilchen in verschiedenen Ökosystemen vermitteln. Auch die Wechselwirkungen zwischen Plastikeinträgen in der Umwelt und in tierischen Organismen wollen wir umfassender nachverfolgen, als dies bisher geschehen ist."

Mit den Förderinitiativen JPI Oceans "Ökologische Auswirkungen von Mikroplastik" und BONUS Blue Baltic unterstützt das Bundesforschungsministerium die ganzheitliche Untersuchung des Eintrages, der Auswirkungen und des Verbleibs von Mikroplastik in der Umwelt bis zum Verbleib in den Weltmeeren. Über eine Laufzeit von drei Jahren stellt die Bundesregierung dafür rund 28 Millionen Euro bereit.

Vom Fluss bis an die Küste
Mikroplastikpartikel stammen aus Cremes oder Duschgels, aus Fleecekleidung oder Reifenabrieb. Giftige Schadstoffe, wie Flammschutzmittel gelangen dabei in die Umwelt.

Der Tierökologe Christian Laforsch von der Universität Bayreuth koordiniert das Projekt "PLAWES" des Bundesforschungsministeriums zu Mikroplastik in der Umwelt. "Bundesweit und auch international sind wir das erste Forschungsprojekt, das die Mikroplastikkontamination ökosystemübergreifend von den Oberläufen eines Flusses bis zur Mündung an der Küste interdisziplinär erforscht und bewertet," sagt der Wissenschaftler.

"Mikroplastikkontamination im Modellsystem Weser – Nationalpark Wattenmeer: ein ökosystemübergreifender Ansatz" – kurz: "PLAWES" - ist der Name des neuen Forschungsverbunds. Neben der Universität Bayreuth und dem AWI Helgoland sind auch die Goethe Universität Frankfurt und die Universität Oldenburg, das Forschungszentrum Jülich, das Thünen-Institut in Braunschweig sowie der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz auf Norderney mit speziellen Fachkompetenzen in das Projekt eingebunden.

Während Laforsch und Gerdts die Verschmutzung mit Plastik von der Weser bis ins Wattenmeer erforschen, untersucht Matthias Labrenz vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung die Frage, auf welchen Wegen Mikroplastik in den Fluss gelangt. Das Fallbeispiel: der mecklenburgische Fluss Warnow.

Vom Boden ins Wasser

Wie Gerdts hat der Leipziger Mikrobiologe Labrenz seinen Forschungsgegenstand fast vor der Haustür: Im Einzugsgebiet der Warnow finden sich große landwirtschaftliche Nutzflächen, Marinas, Städte und Gemeinden, auch etwas Industrie. "Wir wollen herausfinden, welche Mikroplastikeinträge durch diese unterschiedlichen Nutzungsformen zustande kommen und wie viel davon im Mündungsbereich der Ostsee ankommt," erläutert Labrenz.

"Aber auch Extremereignisse – seien es nun maritime Volksfeste wie die Hanse Sail in Rostock mit hohem Aufkommen an Plastikmüll oder Starkregenereignisse, die zu intensiver Erosion und Abspülungen führen – interessieren uns."

Mit der Forschungsförderung zu Plastikkreisläufen will die Bundesregierung Kunststoffe in der Umwelt spürbar reduzieren.

Eine intensive Probenentnahme steht am Anfang des Projekts: "Wir nehmen Bodenproben, Wasserproben und biologische Proben, um herauszufinden, wie viel Plastik von Äckern in die Warnow gespült wird", so Labrenz.

Diese Daten gehen dann in ein Computermodell ein, das den Weg des Plastiks vom Festland ins Meer abbildet. "Mit diesem Model können wir dann vorhersagen, was geschieht, wenn zum Beispiel eine bestimmt Plastikquelle ausgeschaltet wird, weil eine Kläranlage das Mikroplastik aus dem Abwasser filtert, betont Labrenz."

Im Rahmen weiterer Projekte entwickeln die Wissenschaftler dabei einheitliche Messmethoden. Im Forschungsrahmenprogramm Nachhaltige Entwicklung stehen dafür bis 2020 rund sieben Millionen Euro zur Verfügung.

Zum Artikel auf bundesregierung.de


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