Nehmen Ozeane mehr Kohlendioxid auf als gedacht?
Phytoplankton benötigt zum Wachsen Licht und Nährstoffe. Beides gemeinsam in ausreichender Menge ist für die mikroskopisch kleinen Algen im Ozean aber nur selten zu finden. In den oberen Wasserschichten fehlen ihnen in der Regel die Nährstoffe, weiter unten das Licht. Eine neue Studie unter Leitung des Helmholtz-Zentrums Hereon sagt nun: Phytoplankton kann zwischen tieferen Schichten und der Wasseroberfläche hin- und herwandern. Sollte sich das bestätigen, hätte es enorme Konsequenzen für die Kalkulationen der natürlichen Kohlenstoffpumpe und damit auch für aktuelle Berechnungen des Kohlenstoffbudgets. Die Ergebnisse der Studie wurden heute in der Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht.
Die Meere und der Ozean sind eine unserer größten Kohlenstoffsenken. Sie nehmen jedes Jahr rund 30 Prozent des vom Menschen erzeugten Kohlendioxids (CO2) auf und ziehen es so aus der Atmosphäre. Das ist vor allem dem Phytoplankton zu verdanken. Die mikroskopisch kleinen Pflanzen nehmen mit Hilfe von Licht und Nährstoffen das Kohlenstoffdioxid auf und geben Sauerstoff wieder ab. Bislang gingen Forschende davon aus, dass sich Phytoplankton kaum selbst bewegt, sondern von der Strömung mitgetrieben wird. Eine Studie unter Leitung des Helmholtz-Zentrums Hereon stellt jetzt Argumente vor, die diese Annahme infrage stellen. Für die Veröffentlichung, an der auch das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und das Earth SURFACE System Research Center beteiligt sind, analysierte das Autorenteam zahlreiche empirische Forschungsergebnisse. Das Fazit: Die gemessenen Daten können nicht mit der passiven Bewegung des Phytoplanktons erklärt werden. Auf dieser Grundlage entwickelten die Forschenden ein neues Modell, dass die senkrechte Wanderung des Phytoplanktons mit einbezieht, und somit das aktive „Hochpumpen“ von Nährstoffen berechnen kann.
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In den oberen Wasserschichten mangelt es fast immer an Nährstoffen. Neben Licht sind sie für Phytoplankton lebensnotwendig. Doch trotz nachweislich geringerer Nährstoffkonzentrationen werden dort hohe Raten der Nettoprimärproduktion gemessen, also die von Phytoplankton produzierte Biomasse, die die Grundlage der marinen Nahrungspyramide bildet. Andere Untersuchungen konnten in Phytoplankton nahe der Wasseroberfläche Stickstoff aus tieferen Wasserschichten nachweisen. Auch ihre sich über Millionen von Jahren entwickelte Form lässt aktivere Wanderungen der Kleinstorganismen vermuten: Denn mindestens zwei Drittel aller Arten können sich nachweislich aktiv bewegen. Wozu, wenn sie sich nur passiv von der Strömung treiben lassen? Die neue Studie stellt nun die Theorie auf: Phytoplankton bewegt sich aktiv vertikal zwischen den oberen und tieferliegenden Wasserschichten. So gelangen sie an beides – Licht in den oberen Schichten und Nährstoffe aus der Tiefe.
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(Quelle DAM, gekürzt)
Den vollständigen Artikel finden Sie unter allianz-meeresforschung.de
Originalpublikation
Wirtz, K., Smith, S.L., Mathis, M., Taucher, J. (2022). Vertically migrating phytoplankton fuel high oceanic primary production. Nature Climate Change https://doi.org/10.1038/s41558-022-01430-5