UNESCO erkennt Erweiterungen in Wattenmeer-Biosphärenreservaten an
An der deutschen Nordseeküste ist die Natur des Wattenmeeres durch die Nationalparke Niedersachsens, Hamburgs und Schleswig-Holsteins geschützt. Gleichzeit bilden hier drei UNESCO-Biosphärenreservate Modellregionen für nachhaltige Entwicklung, in denen umwelt- und sozialverträgliche Lebens- und Wirtschaftsweisen erprobt werden.
Gemeinden auf den Inseln und Halligen sowie auf dem angrenzenden Festland bietet ein Beitritt zur sogenannten Entwicklungszone der Biosphärenreservate die Chance, eine nachhaltige Entwicklung der Wattenmeerregion insgesamt voranzutreiben und dabei Synergieeffekte zu nutzen.
Mit einem solchen Beitritt findet eine jahrelange, intensive Vorbereitung mit den verschiedensten Akteurinnen und Akteuren und Interessenvertretungen in zahlreichen Projekten einen erfolgreichen Abschluss.
Jetzt wurde dieser Einsatz von den verschiedenen Regionen und Verwaltungen belohnt: [... Am 14.6.] hat der Internationale Koordinierungsrat des „Man and the Biosphere“-Programms der UNESCO in Paris den Beitritt von 12 Kommunen zur Biosphärenregion Niedersächsisches Wattenmeer, die Schaffung einer Entwicklungszone im Biosphärenreservat Hamburgisches Wattenmeer und den Beitritt der Insel Pellworm zum Biosphärenreservat Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer anerkannt.
Niedersachsen
Die Biosphärenregion Niedersächsisches Wattenmeer ist erheblich gewachsen. Zwölf Kommunen - von West nach Ost: Jemgum, Norden, Hage, Spiekeroog, Schortens, Jever, Wilhelmshaven, Sande, Zetel, Nordenham, die Ortsteile Imsum und Langen der Stadt Geestland sowie Teilgebiete der Stadt Cuxhaven – bilden nun den Großteil der Entwicklungszone, die rund 700 km² umfasst (bislang 20 km²). Die Gesamtfläche der erweiterten Biosphärenregion Niedersächsisches Wattenmeer beträgt rund 4.136 km². Sie umfasst nun beispielhaft alle Landschaftstypen der Küstenregion.
Damit kommt ein umfassender, für Niedersachsen bislang einmaliger Beteiligungsprozess durch freiwillige kommunale Entscheidungen zu einem krönenden Abschluss. Seit 2019 waren die Gemeinden an der niedersächsischen Nordseeküste eingeladen, gemeinsam Perspektiven für eine nachhaltige Entwicklung der Region hinter den Deichen zu entwickeln. Seitdem haben Arbeitsgruppen Ziele, Maßnahmenideen und Projektvorschläge entwickelt und dabei auch auf bestehende örtliche Initiativen und Projekte zur Nachhaltigkeit zurückgreifen können. Die Arbeitsergebnisse sind in Kooperationsvereinbarungen zwischen den teilnehmenden Kommunen und der Nationalparkverwaltung eingeflossen. Letztere ist die koordinierende Verwaltungsstelle der Biosphärenregion.
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Hamburg
Im Biosphärenreservat Hamburgisches Wattenmeer wird die Zonierung leicht verändert. Bisher war die bewohnte und bewirtschaftete Insel Neuwerk Pflegezone, nun wird sie in Pflege- und Entwicklungszone unterteilt. Die acht Hofstellen und Wohngebäude der Neuwerker Betriebe sind ab sofort Entwicklungszone. Die neue Flächenaufteilung setzt das Entwicklungskonzept von Senat und Bürgerschaft für Neuwerk von 2020 fort. Darin werden unter anderem Erweiterungsbauten für Hofstellen und ein kleiner Neubau für Wohnungen vorgeschlagen. Hauptthemen der neuen Entwicklungszone sind regenerative Energie, Nachhaltigkeit und Klimaneutralität beim Bau.
Die Ziele für die Pflegezone und damit den Großteil Neuwerks liegen weiterhin vor allem im Schutz der brütenden Wiesenvögel und der Rastplätze für Zugvögel. Außerdem geht es um die nachhaltige Pflege der jahrhundertealten Kulturlandschaft durch landwirtschaftliche Nutzung.
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Schleswig-Holstein
Das Biosphärenreservat Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer wurde vor 20 Jahren bereits um die fünf bewohnten Halligen erweitert. Nach diesem erfolgreichen Vorbild hat auch die Insel Pellworm einen Beitritt diskutiert und sich systematisch auf diesen mit viel Engagement und nachhaltigen Projekten vorbereitet. Alle Insulanerinnen und Insulaner wurden - ganz im Sinne des UNESCO-Programms - zum aktiven Mitgestalten eingeladen und haben sich im Gemeinschaftsprojekt eingebracht. Die auf Pellworm lebenden und wirtschaftenden Menschen haben das Ziel, ihren einzigartigen Lebensraum im Wattenmeer so zu erhalten und nachhaltig zu entwickeln, dass es für sie und kommende Generationen angesichts des Klimawandels sicher und lebenswert ist.
Mehr als 20 verschiedene Projekte decken alle Facetten für eine nachhaltige Entwicklung ab und repräsentieren eindrücklich das große Potential der Insel, die Vielfalt des Pellwormer Lebens sowie die starke Verbundenheit der Einheimischen mit ihrer Heimat. Beispielhaft dafür ist die Inseldachmarke Pellworm, die für den Tourismus und auch für lokal erzeugte Produkte und Dienstleistungen entwickelt wird, die Runden Tische „Naturschutz“ und „Landwirtschaft-Mensch-Natur“ sowie Projekte zum Erhalt der biologischen Vielfalt (zum Beispiel „Insektenfreundliche Insel“ und „Sterneninsel Pellworm“).
Landesregierung und verschiedene Ministerien haben diese Entwicklung und den Wunsch der Gemeinde Pellworm auf Antragstellung der Erweiterung der Entwicklungszone stets positiv begleitet. Damit vergrößert sich die Entwicklungszone um mehr als das Doppelte. Bisher umfasste es die Biosphäre Halligen mit 21 km², jetzt kommt Pellworm mit zusätzlichen 37 km² hinzu.
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UNESCO-Biosphärenreservate
UNESCO-Biosphärenreservate sind weltweite Modellregionen, in der ökologische, wirtschaftliche und soziale Entwicklungen nachhaltig und im Einklang miteinander ablaufen. Es geht nicht allein um Naturschutz, sondern in gleichem Maße um die hier lebende Bevölkerung und ihre wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven – in bestmöglicher Übereinstimmung mit Landschaft, Natur und Klimaschutz.
UNESCO-Biosphärenreservate sind in drei Zonen unterteilt: In der Kernzone hat der Naturschutz Vorrang, in der Pflegezone ist eine umweltverträgliche, wirtschaftliche Nutzung möglich (z. B. Tourismus oder Fischerei). Kern- und Pufferzone sind durch die Nationalparke vollständig abgedeckt. Die dritte Zone, die Entwicklungszone, wird dagegen ausdrücklich als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum der Bevölkerung verstanden und soll dabei möglichst nachhaltiges Leben und Wirtschaften im Einklang mit der Natur beispielhaft entwickeln und öffentlich bekannt machen.
Biosphärenreservate werden im Rahmen eines umfangreichen Melde- und Prüfverfahrens von der UNESCO anerkannt und in einem zehnjährigen Turnus hinsichtlich ihrer Entwicklung überprüft.
(PM Nationalparkverwaltungen Niedersächsisches, Hamburgisches und Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, gek.)